Rasentraktoren im Straßenverkehr: Was erlaubt ist und was nicht

Laurens, Iowa in den USA: Der 73 Jahre alter Rentner Alvin Straight klettert im Sommer des Jahres 1994 auf den Sitz seines Rasentraktors und begibt sich auf eine 400 Kilometer lange Reise, um seinen kranken Bruder zu besuchen.

Eine wahre Geschichte. Sie wurde verfilmt, berührte unzählige Herzen auf der ganzen Welt und löste primär in Deutschland die Frage aus: Darf der das überhaupt? Denn im Land der unbegrenzten bürokratischen Hürden ist es gar nicht so einfach, herauszufinden, was mit einem Aufsitzrasenmäher amtlich gestattet ist.

Dürfen Sie auf dem Gehweg fahren oder müssen Sie auf die Fahrbahn? Ist es überhaupt erlaubt, einen Rasentraktor im öffentlichen Straßenverkehr zu bewegen? Und benötigen Sie Versicherung, Zulassung oder einen Führerschein?

Diese und weitere Fragen möchten wir Ihnen in diesem Beitrag gerne beantworten und so ein wenig Licht in den Paragrafendschungel bringen.

Bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit: Die 6 km/h-Regel und neue Vorschriften

Das Grundlegende zuerst: Alle Rasenmäher mit einer baulich bedingten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 25 km/h gelten laut aktueller Gesetzeslage im Sinne der deutschen Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) und der Straßenverkehr-Zulassungs-Ordnung (StVZO) als sogenannte selbstfahrende Arbeitsmaschinen – und ab hier werden die Dinge etwas komplizierter.

Grundsätzlich unterscheidet der Gesetzgeber zwar zwischen zwei Kategorien: Rasenmäher mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von 6 km/h und Rasenmäher mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von mindestens 6 km/h, aber nicht mehr als 25 km/h. Die sogenannte 6 km/h-Regel.

Allerdings gestalten sich die Vorschriften in der zweiten Kategorie seit ein paar Jahren längst nicht mehr so einheitlich, wie es früher einmal der Fall war. Verlassen Sie sich daher bitte nicht auf ältere Artikel im Netz. Was heute im Einzelnen gilt, erläutern wir Ihnen jeweils in den relevanten Abschnitten.

Weiterhin sollten Sie mit der Bedeutung des Ausdrucks Bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit vertraut sein: Für jedwedes Gesetz zählt immer die im Datenblatt oder der Betriebserlaubnis Ihres Rasentraktors vermerkte mögliche Höchstgeschwindigkeit. Wenn Sie mit Ihrem 25 PS-Traktor einfach im ersten Gang und mit Schritttempo über den Gehweg zockeln, werden Sie bei der Polizeikontrolle auf taube Ohren stoßen.

Was darf der Rasentraktor? Der MotorLand-Straßenverkehr-FAQ

Rasentraktor auf großer Wiese
Einfach aufsetzen und losfahren: das gilt nicht immer im Straßenverkehr

Doch genug der einleitenden Worte. Kommen wir zu den Fragen, die Sie wirklich interessieren. Wir liefern Ihnen alle Informationen rund um Straßenverkehr und Rasenmäher im Überblick:

Wo darf ich mit meinem Traktor fahren – auf dem Bürgersteig oder der Straße?

Laut deutscher Straßenverkehrsordnung (StVO) gilt:

  • Selbstfahrende Arbeitsmaschinen mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von bis zu 10 km/h haben auf dem Gehweg zu fahren.
  • Selbstfahrende Arbeitsmaschinen mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 10 km/h haben die Fahrbahn zu nutzen.

Allerdings dürfen Sie auch mit einem schnellen Rasentraktor nicht einfach auf die nächste Bundesstraße einbiegen. Für die Teilnahme am Straßenverkehr gelten weitere Regeln!

Benötige ich einen Führerschein?

Der Gesetzgeber sagt:

  • Für selbstfahrende Arbeitsmaschinen mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von bis zu 6 km/h benötigen Sie keine amtliche Fahrerlaubnis.
  • Für Arbeitsmaschinen mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von mindestens 6 km/h, aber nicht mehr als 40 km/h –  beziehungsweise maximal 25 km/h, wenn Sie einen Anhänger ankoppeln –  benötigen Sie die Führerscheinklasse L; also den kleinen Traktorführerschein.

Sollte Ihr Rasentraktor tatsächlich schneller als 40 km/h fahren, benötigen Sie einen Führerschein der Klasse T. Als Experten würde es uns allerdings sehr überraschen, wenn Sie einen derart schnellen Rasenmäher finden.

Brauche ich ein Nummernschild?

Prinzipiell sind laut §18, Abs. 4, StVZO alle selbstfahrende Arbeitsmaschinen mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 20 km/h von der Zulassungspflicht ausgenommen. Sie benötigen also kein Nummernschild.

Bei schnelleren Maschinen, bei der Mitführung eines Anhängers oder sogar nach Landesverordnung und in Abhängigkeit von Ihrer Grundstückgröße kann diese Regel allerdings aufgeweicht werden. In so einem Fall müssen Sie ein grünes (also steuerfreies) Kennzeichen an ihrem Rasenmäher anbringen.

Ob ein Nummernschild in Ihrem konkreten Fall erforderlich ist, können wir an dieser Stelle daher leider nicht beantworten. Wenden Sie sich mit dieser Frage immer an die Person, die Ihnen Ihre Betriebserlaubnis erteilt; mehr dazu im nächsten Absatz.

Benötige ich eine amtliche Betriebserlaubnis?

Für alle Fahrzeuge mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 6 km/h ist eine Betriebserlaubnis für den Straßenverkehr nach der deutschen Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) zwingend erforderlich. Ausgestellt wird diese vom TÜV. Um die Inspektion erfolgreich zu überstehen, benötigt Ihr Traktor:

  • Eine vollständige Beleuchtung nach StVO. Diese schließt ein:
    •  Lichter vorne (weiß) und hinten (rot)
    • Bremslichter, hinten
    • Fahrtrichtungswechselanzeiger, im Volksmund Blinker genannt
  • Eine direkte Bremsanlage an den Hinterrädern
  • Eine zuordnungsbare Serien- oder Fahrgestellnummer

Serienmäßig werden die meisten Rasentraktoren also keine Betriebserlaubnis erhalten. Über die Möglichkeiten der Nachrüstung einer Beleuchtungsanlage informieren wir Sie gerne.

Muss ich eine Versicherung abschließen?

Stapel von OrdnernBerge von Ordnern und Papiere für den Durchblick: ist das notwendig?

Auch hier unterscheidet das Gesetz nach der bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit Ihres Rasentraktors:

  • Für selbstfahrende Arbeitsmaschinen mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von bis zu 6 km/h benötigen Sie keinerlei Versicherung.
  • Für selbstfahrende Arbeitsmaschinen mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von mindestens 6 km/h, aber nicht mehr als 20 km/h ist ebenfalls keine Versicherung vorgeschrieben. Allerdings greift im Schadensfall Ihre private Haftpflichtversicherung, sofern diese Ihren Rasentraktor mit einschließt.
  • Für Arbeitsmaschinen mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 20 km/h schreibt der Gesetzgeber immer den Abschluss mindestens einer separaten Haftpflichtversicherung vor.

Für alle handelsüblichen Rasentraktoren ist eine Versicherung also nicht zwingend erforderlich. Da bei einem Unfall mit 20 km/h und 30 PS allerdings einiges kaputtgehen kann, empfehlen wir dennoch immer den Abschluss einer Haftpflicht.

Ab welchem Alter darf ich einen Rasentraktor im Straßenverkehr fahren?

Auch hier greift die 6 km/h-Regel, denn der Gesetzgeber schreibt vor:

  • Selbstfahrende Arbeitsmaschinen mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von bis zu 6 km/h dürfen ab Vollendung des 15. Lebensjahres uneingeschränkt geführt werden.
  • Selbstfahrende Arbeitsmaschinen mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 6 km/h dürfen ab Vollendung des 16. Lebensjahres und nach bestandener Führerscheinprüfung Klasse L uneingeschränkt geführt werden.

Auf Privatgrundstücken benötigen 16-Jährige zwar keinen Führerschein, allerdings sollten Sie sich auch dort immer an die Altersbeschränkungen halten. Nicht, dass das Ordnungsamt Ihren Garten kontrollieren würde – aber Ihrer Hausratversicherung zu erklären, dass ihr zehnjähriger Neffe mit dem Rasenmäher das Carport zum Einsturz gebracht hat, wird kaum zu einer erfolgreichen Schadensregulierung führen.

(K)ein Roadmovie in deutschen Landen

Um abschließend unsere Frage aus der Einleitung zu beantworten: Nein, Alvin Straight hätte bei uns nicht einfach auf seinem Rasenmäher von Bremen nach Frankfurt zuckeln dürfen. Denn seine Maschine brachte es auf immerhin 8 km/h und zog einen Hänger – fiel damit also nicht unter die 6 km/h-Regel. Einen Führerschein besaß er auch nicht mehr…

Sie dagegen wissen jetzt genau, auf welche Gesetzte und Vorschriften Sie für Ihr eigenes Roadmovie mit dem Rasentraktor achten müssen. Sollten dennoch Fragen offengeblieben sein, wenden Sie sich gerne vertrauensvoll an unseren Service.

 

 

Julia Baransky Online Redakteurin bei inara schreibtÜber die Redaktion
Julia Baransky ist Content-Managerin. Technisches Know-how und strukturierte Lösungen sind Julias Stärken. Durch ihr analytisches Denkvermögen versteht sie Zusammenhänge wie keine andere. Mit ihren sorgfältig recherchierten Texten trifft Julia die ausgewählten Themen auf den Punkt und schafft so echten Informations-Mehrwert.

 

Titelbild von Moritz Kindler. Weitere Bilder von Carnaby Gilany und Pixabay.